Interview mit Franz Fayot im Forum

"3 Fragen an Kooperationsminister Franz Fayot"

Interview: Forum

Forum: Welche ganz persönlichen Akzente haben Sie in der Kooperationspolitik seit Ihrem Amtsantritt im Februar 2020 gesetzt?

Franz Fayot: Als ich das Amt des Kooperationsministers übernahm, hatte ich nur sehr kurz Zeit, mich mit dem normalen Geschehen auseinanderzusetzen, bevor die Pandemie anfing. Bevor es für lange Zeit unmöglich wurde zu reisen, konnte ich gerade mal eines unserer Partnerländer besuchen, die Kapverden. Dort haben wir ein neuartiges Kooperationsprogramm beschlossen, das einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, bei dem beispielsweise auch Klima-und Umweltaspekte berücksichtigt werden, die sogenannte "approche pays".

Wir haben dieses Jahr auch angefangen, unsere Strategie "En route pour 2030"' sektoriell zu deklinieren. Insofern haben wir drei neue interdisziplinäre Strategien in den Bereichen Gender, Klima und Umwelt sowie inklusive und innovative Finanzen lanciert. Dabei geht es darum, diese Aspekte in all unseren Interventionen zu mainstreamen, also transversaler zu arbeiten. Eine weitere neue Strategie, im Bereich der humanitären Hilfe, wurde ebenfalls vorgestellt.

Als Minister für Entwicklungszusammenarbeit und Wirtschaft liegt mir natürlich die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor am Herzen, auch wenn nach wie vor das Prinzip der ungebundenen Unterstützung (aide non liée) gilt. Dennoch haben private Betriebe oft eine technische Expertise, die unsere Aktivitäten ergänzen und verbessern. Ich denke da etwa an die Transport-Kühlboxen der luxemburgischen Firma b-medical, die wir beispielsweise nach Burkina Faso geschickt haben. Die haben einen erheblichen Mehrwert, da man mit ihnen Impfstoffe nicht nur lagern, sondern dank Solartechnik auch sicher in abgelegene Regionen bringen kann.

Der Zugang zu Finanzmitteln ist außerdem ein Thema, das mir wichtig ist. Man kann in der Entwicklungszusammenarbeit so viel erreichen, wenn man lokal ansetzt und den Menschen ermöglicht, sich selbst eine Existenz aufzubauen, zum Beispiel durch Mikrokredite. Sie ermöglichen auch Frauen, sich zu empowern. Frauen sind oft das Rückgrat in ruralen Gemeinschaften. Wenn man sie fördert, hat das einen positiven Einfluss auf die ganze Gemeinschaft.

Forum: Wo soll die luxemburgische Kooperationspolitik in fünf Jahren stehen?

Franz Fayot: Das Paradox der Entwicklungszusammenarbeit liegt ja darin, dass man darauf hinarbeitet, sein eigenes Arbeitsfeld abzuschaffen. Idealerweise würden die Länder des Globalen Südens keine externe Unterstützung mehr brauchen, deswegen sehen wir auch diejenigen Projekte als größten Erfolg an, bei denen das local ownership funktioniert. Bestenfalls können wir uns also ganz aus den Projekten zurückziehen und die Weiterführung unseren Partnern überlassen. Deswegen setzen wir auf Kompetenz- und Wissenstransfer. So haben wir zum Beispiel im Oktober mit Ruanda ein Abkommen unterschrieben, mit dem Ziel, den Finanzplatz Kigali zum wichtigsten der Region auszubauen. Da hat Luxemburg Expertise, die wir - im Sinne der Entwicklung - weiter vermitteln können.

In fünf Jahren sollte die Entwicklungszusammenarbeit in jedem Fall den aktuellen Herausforderungen angepasst sein: Klimawandel, Pandemien, sicherheitspolitische Herausforderungen, soziale Ungleichheiten. In jedem Fall sollte sie inklusiver, nachhaltiger und widerstandsfähiger sein.

Forum: Brauchen wir heute, um Armut und die zunehmenden Ungleichheiten besser zu bekämpfen, nicht nur eine auf Partnerschaft basierende Kooperationspolitik, sondern eine "globale Strukturpolitik", die sich vom Entwicklungs- und Globalisierungsdiskurs lösen und die Forderung nach einer Umgestaltung weltwirtschaftlicher Strukturen mit den Prinzipien der Solidarität, der Gerechtigkeit, der Menschenrechte und des Respekts vor der Natur begründen sollte?

Franz Fayot: Wir sollten auf jeden Fall darauf hinarbeiten. Wie ich bereits erwähnt habe, ist es mir wichtig, die Rolle des Privatsektors in der Entwicklungszusammenarbeit auszubauen. Es ist wichtig, dass sich auch die Wirtschaft ihrer Verantwortung bewusst wird und sich im Sinne der Entwicklungsförderung einsetzt, sei es nun, indem fairer Handel gefördert wird oder indem Menschenrechte bei sämtlichen Arbeitsvorgängen in der Produktionskette berücksichtigt werden. Wir brauchen außerdem Investitionen der Privatwirtschaft, die entwicklungsfördernd in den Ländern des Globalen Südens wirken, um die Agenda 2030 und die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) überhaupt noch erreichen zu können.

Selbst Investmentfonds leisten mittlerweile ihren Beitrag. So unterstützt die Luxemburger Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel den ABC Fund, einen Fonds, der in Kleinbauernbetriebe und kleine und mittlere Agrikulturbetriebe in ländlichen Regionen investiert und somit die Wirtschaft ganzer Regionen stimuliert.

Insofern würde ich ihre Frage mit "ja" beantworten, und wir legen unsere Entwicklungshilfe in diese Richtung aus. Schutz von Umwelt und Menschenrechten sind Aspekte, die in all unseren Aktivitäten berücksichtigt werden, weil sie die Basis für nachhaltige Entwicklung sind. Es ist wichtig, dass wir unsere Entwicklungszusammenarbeit kohärent ausrichten, dass jeder seinen Teil dazu beiträgt. In diesem Sinne kommt auch der entwicklungspolitischen Bildung eine besondere Rolle zu, die wir unter anderem durch einige Akteure der Zivilgesellschaft unterstützen.

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